2012 haben wir, zusammen mit der Polizei Vechta, ein Projekt entwickelt, bei dem es einerseits darum ging Rassismus und Rechtsextremismus zu bekämpfen und andererseits die oft auftretende Kluft zwischen Jugendlichen und Polizei zu verringern.
Das Projekt "Sie haben das Recht, rechts zu verweigern" hat vier Klassen unterschiedlicher Schulen und eine Klasse der Polizeiakademie Niedersachsen an einem Projekt arbeiten lassen. Ziel war es, eine gemeinsame Ausstellung im Polizeigebäude in Vechta auszustellen. Durch die baulichen Gegebenheiten wurde jeder Klasse eine Etage zugeteilt, die sie gestaltet haben, jeweils zu einem unterschiedlichen Thema. Am Ende hatte somit jedes Stockwerk ein eigenen Schwerpunkt, rund ums Thema Rechtsextremismus. Das Projekt war überaus erfolgreich und die Ausstellung wurde von hunderten von Personen besucht.
Wenn man als Jugendliche*r mit der Polizei zu tun hat, dann meist nicht im positiven Sinn. Vielleicht gab es in der Schule mal eine*n Präventionsbeamt*in, der*die erzählte, was alles böse und somit auch spannend ist.
Wenn Jugendliche Probleme haben, ist es wichtig, dass sie die Polizei als Ansprechpartner*innen und nicht als Feind erleben. Wenn sie bislang allerdings nur mit der Polizei aneinander gerasselt sind, wird das schwierig. Die Polizei wird wahrgenommen als "Machtinstitution", denen Jugendliche ohnmächtig gegenüberstehen. Wenn Jugendliche Polizei als Unterstützung erleben sollen, braucht es vertrauen, welches sich oft auch auf Erfahrungen aufbaut. Um diese Erfahrungen zu machen, müssen Jugendliche Polizist*innen kennenlernen und als Menschen erleben. Durch gemeinsame Projekte und andere Felder, auf denen man in Kontakt kommt, ohne dass eine Straftat der Anlass ist, kann Beziehung entstehen, Vorurteile abgebaut und Polizei als Helfer*in erfahren werden.
Doch diese oben genannten Erfahrungen braucht es in beide Richtungen. Nicht nur die Polizei sollte sich mit Jugendlichen auseinandersetzen, um für diese Nahbar zu sein, sondern sollte sie es auch tun, um selbst eigene Vorurteile und Rassismen abzubauen. Wer Jugendliche, die optisch migrantisch zu verorten sind fragt, ob sie öfter als "Deutsche" kontrolliert und verdächtigt werden, wird man nur in den seltensten Fällen ein "Nein" hören. Racial Profiling und Rassismus gibt es - auch bei der Polizei. Somit ist nicht nur die theoretische Auseinandersetzung mit Rassismus in der Polizei ein Thema, womit sie sich auseinandersetzen muss, sondern sind auch praktische Erfahrungen notwendig.
Selbstverständlich gibt es Polizeigewalt, selbstverständlich gibt es Gewalt gegen die Polizei - beides ist nicht berechtigt. Die Polizei ist staatlich legitimiert, Waffen zu tragen und Macht umzusetzen, was dazu führt, dass sie eine größere Verantwortung trägt. Somit ja, Polizeigewalt ist schlimmer. Wenn die Polizei ihre Macht missbraucht, macht sie das im Namen des Staates. Wenn Gewalt gegen die Polizei geschieht, passiert es von Personen, Gruppen oder Organisationen - es steht kein ganzes gesellschaftliches System dahinter, in dessen Auftrag das passiert.
Auch, wenn auf beiden Seiten Menschen dahinterstehen, hat das andere Dimensionen. Dies heißt aber nicht, dass Gewalt gegen die Polizei zu legitimieren wäre, es sagt allein aus, dass die Polizei eine höhere Verantwortung hat und somit als Vorbild agiert und es weniger akzeptiert ist, wenn dort Fehler geschehen.
Wenn Angela Merkel in der Hochzeit von Corona bei einer Party mit 100 Personen erwischt werden würde, ist das anders, als wenn es Karl, der Hausmeister aus der Nachbarkneipe macht. Auch nicht gut, hat aber eine andere Dimension.
Doch letztendlich geht es darum, generell gegen Gewalt zu arbeiten und da fällt uns ein Beispiel auf, was wir als positiv empfinden: Jahrelang gab es zum 01.Mai in Berlin heftige Krawalle. Mit einem Deeskalationskonzept der Polizei, dem MyFest u.a. konnten diese nach und nach unterbunden werden und es gab so gut wie keine Ausschreitungen in Berlin zum 01. Mai mehr.
Die Hamburger Polizei, hat bei G20 gezeigt, wie man es nicht macht - nicht jede*r einzelne Polizist*in, sondern die Gesamtstrategie war auf Gewalt ausgelegt, beginnend bei der Polizei.